Laut Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 26. 11. 2019, Geschäftszahl 4 Ob 84/19k, haben Interessenvertretungsverbände und andere Vereine keine Legitimation als in einem Zivilverfahren klagende Partei für die Wahrung der Datenschutzrechte Dritter aufzutreten – auch nicht sozusagen „für Ihre Mitglieder“ bzw einen Teil davon. Dem Einschreiten gegen einen „Online-Verzeichnisdienst“ war kein Erfolg beschieden:
„Das Recht auf Datenschutz ist ein Persönlichkeitsrecht (Schweiger in Knyrim, DatKomm DSGVO Art 82 Rz 29) und ein Grundrecht nach Art 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union“, hielt der OGH fest. Das Recht auf Datenschutz nach der DSGVO steht nur dem einzelnen Mitglied zu, im konkreten Fall also jedem Psychotherapeuten und nicht der Interessenvertretung der österreichischen Psychotherapeuten.
Es ist keine Verbandsklage vorgesehen
Vorweg: In Verfahren vor der Datenschutzbehörde mag anderes gelten als in den österreichischen, zivilgerichtlichen Verfahren um die es hier ausschließlich geht. In Österreich ist nämlich für die Durchsetzung von Ansprüchen nach der DSGVO keine Verbandsklage vorgesehen. Österreich hatte diese Ermächtigungsklausel nicht genutzt: „Nach Art 80 Abs 2 DSGVO können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass bestimmte Einrichtungen die in Rede stehenden Rechte auch ohne Auftrag der betroffenen Person durchsetzen. Dadurch kommt zum Ausdruck, dass eine eigenmächtige Verfolgung von Datenschutzverstößen durch Dritte (Verbände) nur zulässig ist, wenn der nationale Gesetzgeber eine solche Möglichkeit ausdrücklich vorsieht. Dies bedeutet, dass der jeweilige Mitgliedstaat eine Verbandsklage für Datenschutzansprüche ausdrücklich regeln muss. Österreich hat von dieser Ermächtigungsklausel keinen Gebrauch gemacht. Somit ist zur Durchsetzung von Ansprüchen nach der DSGVO in Österreich keine Verbandsklage vorgesehen.“
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
Auch auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) konnte der Verband seine Unterlassungsansprüche in diesem Fall nicht stützen. Ob DSGVO-Ansprüche nach dem UWG durchsetzbar sind, ließ der OGH als Höchstgericht offen: „Im vorliegenden Fall muss dieser Frage nicht näher nachgegangen werden. Nach der – von der Lehre gebilligten (vgl Schmid in Wiebe/Kodek, UWG² § 1 Rz 807) – Rechtsprechung des Senats kann nämlich ein Eingriff in Ausschließlichkeitsrechte Dritter, der keine amtswegige Ahndung nach sich zieht und keine schützenswerten Belange der Allgemeinheit betrifft, grundsätzlich nicht als unlautere Geschäftspraktik in der Fallgruppe Rechtsbruch geltend gemacht werden (4 Ob 93/01g zum Urheberrecht; 4 Ob 169/15d zum Eigentumsrecht; 4 Ob 75/16g zur Störung eines bloßen Rechtsbesitzes; RS0115373). Auch Verstöße gegen das Datenschutzrecht sind dieser Fallgruppe zuzuordnen, weil das Recht auf Datenschutz ein Persönlichkeitsrecht ist und damit ein nur persönlich geltend zu machendes Ausschließlichkeitsrecht ist.“
Die zweitbeklagte Person und ihr erstbeklagtes Unternehmen hatte eine Verzeichnis von gewissen BerufskollegInnen herausgegeben und kommerziell vermarktet. Da allgemein bekannt sei, dass in derartigen Verzeichnissen zahlende Kunde besser und vorgereiht dargestellt werden würden, lag nach Ansicht des Höchstgerichtes keine Irreführung nach UWG vor.
Standesrechtliche Werberichtlinien:
Interessant ist auch der standesrechtliche Aspekt: Der klagende Verband machte auch einen Rechtsbruch laut UWG geltend, da der Psychotherapeut mit seinem Verzeichnis gegen Standesrecht verstoße und argumentierte: „es sei unsachlich, wenn Psychotherapeuten allein wegen einer Geldzahlung an die Erstbeklagte vorgereiht würden, dies habe nichts mit fachlichen Gesichtspunkten zu tun. Nutzer nähmen an, die Vorreihung beruhe auf einer besonderen fachlichen Qualität. Damit handle es sich um eine unsachliche Informationserteilung. Das Standesrecht erlaube ausschließlich Ankündigungen, in der fachlichen Gesichtspunkten der Vorrang vor kommerziellen Gesichtspunkten eingeräumt werde. Auch liege vergleichende Werbung vor, weil das Portal den Nutzern ermögliche, die Therapeuten einem Vergleich zu unterziehen. In diesem Zusammenhang werden sekundäre Feststellungsmängel releviert“.
Die Zusammenfassung der Begründung dieses standesrechtlichen Entscheidungsteils lautet: „Zusammenfassend teilt der Senat die Beurteilungen der Vorinstanzen, dass die bekämpften Veröffentlichungen der Beklagten (Vorreihungen, Zusatzinformationen über „Zahlkunden“) keine standesrechtlichen Vorschriften verletzen. Dass die Plattform unsachliche Informationen (§ 16 PsychotherapieG) enthielte, ist nicht erkennbar. Die Inhalte werden auch durch ein Lichtbild nicht marktschreierisch (vgl 4 Ob 117/99f zur Postwurfsendung eines Notars zur Bewerbung seines Amtstags mit Foto des Beklagten).“